Entwicklungswerkstatt „Digitale Berufliche Orientierung“ – was bleibt?
Wie entstehen Veränderungsprozesse in der Schule? Wie werden sie initiiert – und wie setzen sie sich schließlich dauerhaft durch?
Mit dieser Fragestellung eröffnete Prof. Dr. Thorsten Bührmann den Abschluss-Workshop der Entwicklungswerkstatt „Digitale Berufliche Orientierung“ in Berlin.
Es brauche vor allem drei Faktoren:
- Eine Vision als Attraktor
- Einen Anlass, der Bewegung erzeugt
- Einen Anreiz, der energetisiert
Neues müsse erst zur Routine werden – sonst falle man schnell in alte Muster zurück, zumal in kritischen Phasen. Zur Stabilisierung braucht es aber auch Ressourcen.
Im Fall der „Entwicklungswerkstatt Digitale Berufliche Orientierung“ waren diese Ressourcen die Prozessbegleitung des Hamburger Teams (Prof. Bührmann, Carolin Striewisch, Femke Dumstrei und Antonia Baumann) und die finanzielle Förderung durch JP Morgan.
Veränderungsprozesse in der Schule
Am Anfang stand stets die Frage: Was wird durch das Projekt besser? Begleitung ist wichtig, um trotz Rückschlägen dranzubleiben. Und die Erfolge müssen gefeiert werden, um sie zu stabilisieren. Auch Fragen wie „Was halten die Kolleg:innen von den neuen Ideen?“ oder „Wie verhalten sich die Schüler:innen?“ sind entscheidend für das Gelingen.
Zu Beginn eines Veränderungsprozesses geht es darum, Resonanz für eine neue Idee zu erzeugen, Sinnbezug herzustellen, Bedingungen für Stabilität zu schaffen und Energetisierung zu ermöglichen. Auch der Zeitpunkt spielt eine Rolle – günstig oder ungünstig?
Erfahrungen der teilnehmenden Schulen
Die Vertreter:innen der Schulen waren gebeten, ihre Erfahrungen als Kurve darzustellen. Die wellenförmigen Kurven zeigten: Nach einem Aufschwung folgten Rückschläge, neue Stabilisierung und erneute Energetisierung unter andere Vorzeichen. Am Ende wiesen alle Kurven nach oben – trotz Herausforderungen und Tiefen.
Erich Kästner- Schule, Bochum
Die Schüler:innen mit ungünstigen Startbedingungen im Langzeitpraktikum taten sich mit Praktikumsberichten schwer. Die Lösung: ein digitales Tool – die TaskCard. Die Jugendlichen erstellen nun Videos, laden sie hoch, hören sich gegenseitig zu und werden aufmerksam. Am Ende entsteht ein ganzes Portfolio für die Berufsorientierung – auch für Bewerbungen.
Gesamtschule Wulfen
Die große Mehrheit der Schulabgänger:innen findet Anschluss, aber es gibt stets einige orientierungslos Zurückbleibende. Nach einem Neustart und einem „tiefen Loch“ – auch durch Personalprobleme – läuft nun ein Probelauf: Der neu aufgesetzte „BWO“-Kurs zur Berufswahlorientierung richtet sich an eben diese Schülergruppe, parallel zur zweiten Fremdsprache für die Studieninteressierten. Eine intensive Betreuung ist nun möglich und wird von den Jugendlichen sehr geschätzt.
Martin Luther King Schule, Düsseldorf
Als Förderschule wollten die BO-Lehrerinnen die TaskCard als praktikumsbegleiendes Portfolio nutzen. Die Initiierung war aufwendig, zumal bei Minderjährigen ein Hürdenlauf. Zudem zog das Kollegium nicht richtig mit. Auch an dieser Schule dominieren Personalengpässe – aber es wird nicht aufgegeben: Die Martin Luther King Schule verfügt nun über eine TaskCard als Informationsplattform für alle BO-Aktivitäten für alle Beteiligten: Schüler:innen, Lehrkräfte, Eltern.
Anne-Frank-Gymnasium, Werne
Am Anfang stand die Idee einer Matching-App zwischen Schüler:innen und ehemaligen Schüler:innen im Studium, um die Studienorientierung individueller zu gestalten. Gemeinsam mit der Oberstufe wurden Beratungsbedarfe und Interessen ermittelt. Ehemalige Schüler:innen wurden als Mentor:innen eingeladen. Am Ende entstand statt einer App eine Excel-Liste und ein Live-Treffen, in dem aktuelle Schüler:innen sich mit den Alumnis auf Peer-to Peer Ebene über die Erfahrungswelt „Studium“ austauschten – mit hohem Erfolg. Der Weg soll weitergegangen werden. Und die heutigen Schüler:innen sind die Mentor:innen von morgen.
Immanuel-Kant- Schule, Reinfeld
Die TaskCard wurde im Unterricht „WiPo“ (Wirtschaft/Politik) als BO-Portfolio eingesetzt. Die Schüler:innen hatten Spaß, doch unklare Zuständigkeiten blieben eine Hürde: Wer arbeitet mit der TaskCard – die Klassenlehrkraft, die WiPo-Lehrer:in oder andere?
Eichenlaubschule, Saarland
Idee war es, digitale Tools einzusetzen und als jahrgangsübergreifendes BO-Portfolio zu nutzen. Das BO-Team startete mit Ziel- und Strukturfindung und ebenfalls mit der TaskCard. Nachdem mit einer Fokusgruppe aus Schüler:innen der Jahrgänge 8 und 9 eine Basisstruktur für die TaskCard als Portfolio aufgesetzt wurde, wurden in einem weiteren Schritt jahrgangsübergreifend Elemente aus dem BO-Lehrplan integriert. Die neue Verordnung des Saarlands sieht berufsorientierende Elemente in allen Fächern vor – das ist ein sinnvoller Ansatz. Der Schüler-Profilpass wird im Fach Religion/Ethik angelegt – passend zu den Themen „Wer bin ich?“ und „Wo will ich hin?“- Die Ergebnisse werden zukünftig in der TaskCard abgelegt und bilden den Auftakt für die individuellen BO-Portfolios der Schüler:innen.
Hanse Schule für Wirtschaft und Verwaltung, Berufsbildende Schule Lübeck
Die ambitionierte Idee einer Berufsorientierungsplattform wurde zunächst nicht umgesetzt, wächst inzwischen aber. Genau wie der Stellenwert von BO an der Hanse-Schule. Ein ambitioniertes Team aus einigen Lehrkräften initiierte eine Praktikumsbörse mit über 80 zielgruppengerecht formulierten Stellen in der Lernplatform moodle. Denn: Viele Schüler:innen bewerben sich nicht, trotz Kooperation mit vielen Betrieben. Sie trauen sich nicht, sobald es um bekannte große Unternehmen geht. Deshalb muss das Thema auch im Unterricht aufgegriffen werden: Im Fach „Praxis“ müssen die Jugendliche nun fünf Betriebe wegen eines Praktikums anschreiben.
Fazit des Abschluss-Workshops
Alle Schulen betonten unisono, wie wichtig und entscheidend die Prozessbegleitung durch das Hamburger Team war: strukturiert vorzugehen, zielorientiert zu arbeiten – und schlichtweg nicht den Mut zu verlieren bei unausbleiblichen Frustrationen.
Zum Abschluss wurden die teilnehmenden Schulen als „Botschafterschulen 2025“ ausgezeichnet – wohlverdient, weiter so!

Ihre Ansprechpartnerin:
Dipl. Päd. Carolin Striewisch
Team SIEGEL Akademie
T: 0179/6369423
carolin.striewisch@medicalschool-hamburg.de
Medical School Hamburg
University of Applied Sciences and Medical University
Campus Arts and Social Change
Schellerdamm 22-24
21079 Hamburg























