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Neu: Praktische Checklisten zur Einschätzung von Berufsorientierungsangeboten

Die Erwartungen an die Schule, eine systematische und praxisnahe Berufliche Orientierung durchzuführen, sind in den letzten Jahren zunehmend gestiegen. Dabei werden den Schulen viele Berufsorientierungsangebote von externen Anbietern unterbreitet – oft zu viele und nicht immer mit klar erkennbarem Mehrwert. Welches Angebot ist aber wirklich eine gute Ergänzung der bisherigen Beruflichen Orientierung? Welches Angebot sollte aufgegriffen werden und welches nicht, welches vielleicht? Was hilft den Schülerinnen und Schüler zusätzlich beim Übergang Schule – Beruf?

Die neue Checkliste von SCHULEWIRTSCHAFT Deutschland und Bundesagentur für Arbeit ist genau dafür da, um diese Fragen zügig und zielgenau zu beantworten. Anhand der Liste kann die Schule prüfen und beurteilen, ob ein externes Angebot gut zu ihrem bisherigen Programm passt und es sinnvoll ergänzen würde – sei es in der Phase der Orientierung, der Entscheidung oder der Umsetzung der Berufswahlkompetenzen. Sicherlich wird kein Angebot alle Kriterien gleichermaßen erfüllen – entscheidend ist, worauf es der Schule im konkreten Fall ankommt und was sie genau braucht.

Der Wert eines externen Angebots orientiert sich vor allem an der Passung zum Profil und Konzept der Beruflichen Orientierung einer Schule. Daneben spielt auch eine Rolle, welche Erfahrungen die Lehrkräfte bereits mit Kooperationen haben und welche aktuellen Themen sich für die Schule gerade besonders intensiv stellen. Nicht zuletzt sind die curricularen Vorschriften des Bundeslandes wichtig oder auch Vorgaben zur Projektmittelförderung und zu Vereinbarungen mit weiteren Partnern, aber auch die Ressourcen spielen natürlich eine Rolle.

Für die Unternehmen gibt es eine eigene Checkliste: Unternehmen können anhand dieser Liste ihre Angebote so ausrichten und so darstellen, dass die Schule die Frage nach der Passfähigkeit rasch beantworten kann. Für die Berufliche Orientierung der Schülerinnen und Schüler sind Praxiserfahrungen in und mit Betrieben absolut zentral. Die Betriebe erhalten mit Praxisangeboten ihrerseits die Möglichkeit, junge Menschen auf Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten bei sich aufmerksam zu machen und Nachwuchs zu gewinnen. Wenn sie die Checkliste nutzen, kann die Schule besser erkennen und entscheiden, ob das betriebliche Angebot passt und die Zusammenarbeit Erfolg verspricht.

Ziel ist es, dass die Zusammenarbeit von Schulen & Betrieben gut gelingt und die Berufsorientierung gemeinsam gefördert wird!

Future Skills Box erhält D-BOP-Preis 2023

Am 31. Oktober prämierte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger zehn hervorragende digitale Berufsorientierungsangebote (Digitales-Berufsorientierungsprogramm = D-BOP).

  • Gut: Neben der Expertenjury war auch ein Beirat mit sechs Jugendlichen aus Klasse 7 und 8 an der Auswahl aus 100 Wettbewerbsbeiträgen beteiligt.
  • Und noch besser: Zu den Gewinnern gehören zwei Projekte, an denen auch SCHULEWIRTSCHAFT und das Netzwerk Berufswahl-SIEGEL beteiligt sind: die Future Skills Box und das Sprungbrett – Virtual Work Experience!

Unter Moderation von Sherif Rizkallah (logo) tauschten sich die Ministerin, Elke Hannack (DGB), Prof. Dr. Katja Driesel-Lange (Universität Münster) und Dr. Achim Dercks (DIHK) aus zu den Themen „Individuelle Potenziale heben“, „Fachkräftemangel beheben“ und „Transformation gestalten“. Thematisch passend lockerten die Preisverleihungen in den drei Kategorien „Erkunden von Fähigkeiten, Stärken und Interessen“, „Erleben von Berufsfeldern und Berufen“ und „Arbeitswelt 4.0“ den Austausch immer wieder auf.

Einig war man sich, dass man die duale Ausbildung stärken und „sexy“ machen müsse – z.B. mit digitalen Tools in allen Schulformen. Die Vielfalt der Berufe müsse bekannter werden, auch bei Eltern, Lehrkräften und insgesamt in der Gesellschaft. Bei der Berufswahl sei es wie in einem Restaurant, in dem das Menü 100 Seiten hat, zitierte Rizkallah treffend.

Professorin Katja Driesel-Lange von der Universität Münster betonte, dass gute Berufsorientierung mehr leisten müsse, als lediglich kognitiv die Entscheidung für einen Beruf zu begleiten. Sie müsse auch Emotionen ansprechen und Jugendliche abholen, um erfolgreich zu sein.

Eine Schülerin hat es zum digitalen Angebot an Schule auf den Punkt gebracht: „Es gibt viel mit Technik an der Schule, aber nicht gut viel.“

Die gestern ausgezeichneten Projekte greifen dagegen die diskutierten Anforderungen mit Qualität auf.

Preisträger 2023:

Thema „Individuelle Potenziale heben“
Kategorie 1 „Erkunden von Fähigkeiten, Stärken und Interessen“

Thema „Fachkräftemangel beheben“
Kategorie2: „Erleben von Berufsfeldern und Berufen“

Thema „Arbeitswelt 4.0“
Kategorie 3 „Arbeitswelt 4.0“

Zum Schluss gab es noch einen Sonderpreis für die besondere Umsetzung des Aspekts der Gamification für die Digitale Akademie der Phase Be Bildung. Schade allerdings, dass die Berufsberatung der Arbeitsagenturen so gar nicht erwähnt wurde.

@SCHULEWIRTSCHAFT Deutschland
@SCHULEWIRTSCHAFT Deutschland

Online-Fachtagung von SCHULEWIRTSCHAFT und Bundesagentur für Arbeit: „Berufliche Orientierung DER ZUKUNFT“

Gen Z, KI, Zukunftskompetenzen – Schlagworte, die täglich begegnen und die Frage aufwerfen: Ist die Berufliche Orientierung von heute noch zeitgemäß? Wie sieht sie in Zukunft aus? Eine Frage, die viele beschäftigt, denn zur gemeinsamen Fachtagung von SCHULEWIRTSCHAFT und Bundesagentur für Arbeit hatten sich unglaubliche 1.500 Personen angemeldet – wow!

Mensch oder Maschine? Mia!

Welche Rolle spielt KI dabei? Expertin Jutta Schneider, Helliwood, startete mit einem Gespräch mit der KI „Mia“ über eben dieses Thema. Berufsberaterin Mia sagte, sie unterstütze und inspiriere die menschliche Beraterin, ohne sie ersetzen zu können. Sie könne datenbasiert Auskunft geben und sei rund um die Uhr verfügbar – aber ohne das persönliche Moment und ohne „Bauchgefühl“. Thomas Schmidt von Helliwood unterstrich, dass KI sicherlich die Arbeitswelt stark verändere und in Zukunft „technological literacy“ gefragt sei, es aber auf das Zusammenspiel von Mensch und Maschine ankomme. Offenheit und Flexibilität seien auf jeden Fall gefragt.

Berufsberaterin Mia

Praxisnähe macht stark

Die Arbeitswelt verändert sich tiefgreifend, betonte Christina Ramb, BDA, im Gespräch mit Daniel Terzenbach, Bundesagentur für Arbeit. Wenn sich Unternehmen wandeln, ändern sich auch die Tätigkeiten im Betrieb. Berufliche Orientierung für die Zukunft müsse individueller werden, praxisorientiert sein, auch spielerisch und innovativ. Daniel Terzenbach betonte, dass für junge Menschen angesichts der großen Unsicherheiten heute die vertrauensvolle persönliche Beratung wichtiger wird. Berufsberatung ist inzwischen eine komplexe Aufgabe. Wichtig sei es deshalb auch, die Eltern in Zukunft stärker einzubeziehen.

Christina Ramb unterstrich vor allem die Praxisnähe der Berufsorientierung: Die Arbeitswelt ist weit weg von der Schulwelt. Frühe Begegnungen, niedrigschwellig und aus unterschiedlichen Fächern heraus, seien zentral. KI könne die Berufsorientierung kreativer und für die Jugendlichen unterhaltsamer machen. Die Jugendlichen bewegen sich im digitalen Raum und sollten auch dort angesprochen werden. Terzenbach betonte ebenso die Rolle von Praktika, die verbindlich sein müssten. Neben klassischen Berufswegen seien auch mögliche Entwicklungspfade aufzuzeigen, es gehe um Empowerment der Jugendlichen für ihre eigene Zukunft.

Viele gute Beispiele und Ideen: Praxisimpulse

Die Praxisimpulse zeigten spannende und innovative Wege der Berufsorientierung:
  • Wie kann Schule auf die Zukunft vorbereiten? Ein Konzept aus der Praxis / Sarah Heinz (Gesamtschule des Leonardo da Vinci Campus Nauen)
    Mit dem deutschen Arbeitgeberpreis für Bildung 2024 ausgezeichnet für ihre exzellente Förderung der Zukunftskompetenzen ihrer Schüler/innen: An dieser Schule läuft vieles anders als gewohnt.
  • „Innu…was?“ InNuPoB: das integrierte Nutzerreiseportal für Berufseinsteigende / Daniela Sertl (Zentrale der Bundesagentur für Arbeit)
    Auch die Arbeitsagentur ist moderner und veränderungswilliger als oft gedacht. Mit „Innu..was?“ stellt die BA ihren Onlineauftritt und ihre Medienangebote im Berufseinstiegsbereich neu auf
  • Virtueller Escape Room zur BO im Unternehmen / Josephine Krüger & Christina Schöne (Recruiting, NTT DATA Business Solutions CS)
    Der SCHULEWIRTSCHAFT- Preisträger 2024 gab Einblick in den eigens entwickelten virtuellen Escape Room, bei dem sich SuS mit IT- und Logik-Rätseln durch die Firmengebäude und Teams des Unternehmens rätseln können
  • VR, AR, Metaverse? Elemente der Arbeitswelt von morgen / Lukas Hüttis
    Viele Begriffe heute gehört: VR, AR, Metaverse. Doch was verbirgt sich eigentlich dahinter? Lukas Hüttis zeigt die Elemente der Arbeitswelt von morgen
  • Entwicklungswerkstatt Digitale BO – Learnings für umsetzbare BO-Formate / Prof. Dr. Thorsten Bührmann (MSH Medical School Hamburg)
    Dr. Bührmann begleitet mit seinem Team das Berufswahl-SIEGEL wissenschaftlich und betreut dabei das Projekt „Entwicklungswerkstatt Digitale Berufliche Orientierung“, bei dem SIEGEL-Schulen ihr digitales BO-Konzept weiterentwickeln und evaluieren.
  • Berufsorientierung und Ausbildung zusammen denken / Prof. Dr. Matthias Kohl & Prof. Dr. Thomas Freiling (Hochschule der Bundesagentur für Arbeit)
    Schüler nehmen in der Vorentlassklasse ein Jahr lang während der Schul- und der Freizeit unternehmensnahe Angebote wahr: Verzahnung von BO mit Ausbildungsinhalten der Metall- und Elektroberufe
  • Peers, Praxis, Perspektiven – Das Erfolgsformat Digital Insights / Katharina Baltzer (Siemens) & Pamela Conde Morales (SAP)
    Bei „Digital Insights“ erhalten SuS, auch Lehrkräfte, virtuelle Einblicke in MINT-Berufe und Einstiegsmöglichkeiten bei Microsoft, SAP, Siemens, Allianz, BMW und Infineon. Bei Online-Vorträgen, Workshops und interaktiven Formaten kommen sie direkt mit Azubis, Studierenden und Verantwortlichen in den Austausch. Die Schulnetzwerke SCHULEWIRTSCHAFT, Berufswahl-SIEGEL und MINT-EC machen mit.
  • KI – Potenziale für die BO der Zukunft / Jutta Schneider & Thomas Schmidt (Helliwood media & education im fjs e.V.)
    Das Thema KI für die Berufsorientierung konnte in diesem Workshop vertieft werden.

Toll: Die vielen interessierten Teilnehmenden blieben fast alle bis zum Schluss dabei!

Digitale Tools für Berufsorientierung nutzen – Praktikumsberichte als Videos auf der Task Card

Bastian Arnholdt und Johannes Wellmann leiten jeweils eine Klasse mit Langzeitpraktikum an der Erich Kästner Gesamtschule in Bochum. Die Schülerinnen und Schüler besuchen dabei einen bzw. zwei Tage pro Woche einen Betrieb. Es handelt sich um Jugendliche, die sprachlich noch nicht fit sind – zum Beispiel geflüchtete junge Menschen – oder sich mit Schule schwertun und deren Schulabschluss gefährdet ist. Sie haben die Chance, in dieser Form die neunte Klasse erfolgreich abzuschließen und Anschluss in Ausbildung zu finden.

Tagesberichte zum Praktikum – leider langweilig

Zum Programm gehören Praktika im Betrieb. Diese werden durch Berichte festgehalten,  die am darauffolgenden Tag in der Klasse besprochen werden. Allerdings waren diese Berichte oft recht ausdrucksarm: „Bin gekommen, habe Kartoffeln geschält, habe Feierabend gemacht“, hieß es zum Beispiel aus der Gastronomie. Weder den Lehrkräften noch den anderen Jugendlichen machte das wirklich Spaß. Auch der Spaß, den die Jugendlichen durchaus im Job hatten, war nicht sichtbar.

Neue Wege durch Videos

Im Webinar der Siegel Akademie am 21. Mai schildert Lehrer Bastian Arnholdt, wie sein Kollege und er deswegen vorgegangen sind. Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass die Jugendlichen Schwierigkeiten haben, sich sprachlich auszudrücken, aber alle gerne Videos nutzen und sich in der Video-Welt der sozialen Medien zuhause fühlen. Deshalb entstand die Idee, die nichtssagenden und eher langweiligen Tagesberichte durch Fotos, Videos oder Audiodateien anzureichern – wenn nicht sogar zu ersetzen.

Technische und rechtliche Umsetzung

Die Sprachbarriere stellt sich bei Videos nicht in gleicher Weise,  Jugendliche sind mit Videos aus ihrem Alltag vertraut. Dennoch mussten viele Einzelfragen geklärt werden: angefangen bei den Bildrechten, über Regelungen in den Praktikumsverträgen mit den Betrieben, bis hin zur technischen Ausstattung, QR-Codes und Lizenzen.

Die Plattform für die neuen Videoberichte läuft über TaskCard: TaskCard ist eine Online-Pinnwand. Die Idee der Erich Kästner Gesamtschule war es, diese Pinnwand als Portfolio für die Praktikumsdokumentationen zu nutzen. Jeder Jugendliche hat eine Rubrik und lädt seine Videos hoch.

Reaktionen und Erfahrungen

Die Betriebe können in die TaskCard hineinschauen. Die Lehrkräfte besprechen mit den Jugendlichen, was gefilmt werden darf und was nicht. Auch die Aufnahmen selbst werden gemeinsam reflektiert.

Ein Versuch, auch Social Media einzubeziehen, wurde gestartet – hier ist man jedoch deutlich zurückhaltender. Die Filme werden nicht öffentlich geteilt. Die Pinnwand TaskCard bleibt das zentrale Medium.

Durch die Filme nehmen die Schülerinnen und Schüler unterschiedliche Perspektiven ein. Sie gehen mit anderen Augen durch den Betrieb, nehmen Tätigkeiten bewusster wahr und entwickeln eigene kreative Formen der Darstellung.

Die Aufnahmen werden gezielt insbesondere für die Reflexionsphase genutzt: „Was mache ich da eigentlich? Was macht man in diesem Beruf?“ – das sind die Fragen, um die es letztlich geht. Auch im Unterricht ist es für die anderen Schülerinnen und Schüler wesentlich interessanter, kurze Filme anzuschauen als Vorträgen zuzuhören, bei denen die Aufmerksamkeit oft schon ab dem zweiten Satz erlahmt. In filmischen Darstellungen mit gutem Schnitt und Ton wirken selbst Routineaufgaben spannend. Jugendliche machen sichtbar, was sie können.

Feedback und Weiterentwicklung

In der TaskCard sind auch Kommentare möglich – man kann zum Beispiel ein Herzchen hinterlassen. Lehrer Arnholdt betont jedoch, dass das Feedback noch weiter vertieft werden müsse. Dabei können auch sprachliche Ausdrucksformen weiter eingeübt werden.

Als engagierte Lehrkräfte haben er und Kollege Johannes Wellmann weitere Pläne. Sie wollen die TaskCard auch im allgemeinen Berufsorientierungsunterricht einsetzen. Die Schülerinnen und Schüler sollen nachvollziehen, welche Berufe eigentlich dargestellt werden – etwa durch Interviews oder KI-gestützte Prompts. So werden die Jugendlichen zu Expertinnen und Experten für einen bestimmten Beruf oder ein Berufsfeld. Technische Verbesserungen sind Dauerthema, angepasste Aufgabenformate sind geplant. Außerdem soll die TaskCard in den Berufswahlpass integriert und in die Berufsfelderkundungstage eingebaut werden – eventuell auch in anderen Fächern.

Ein Modell mit Vorbildcharakter

Die Schule hat dieses Modell im Rahmen der „Entwicklungswerkstatt Digitale Berufsorientierung“ entwickelt, die von der J.P. Morgan Stiftung gefördert und im Netzwerk Berufswahl-Siegel mit 15 Schulen durchgeführt wird. Bastian Arnholdt freut sich, dass die kleine Idee der Schule nun über die SIEGEL-Akademie bundesweit auf Interesse stößt.

Carolin Striewisch, die wissenschaftliche Begleitung der Entwicklungswerkstatt, hebt am Schluss des Webinars hervor, dass junge Leute digitale Tools grundsätzlich spannend finden. Entscheidend sei jedoch die pädagogische Einbettung durch die Lehrkräfte dafür, ob und wie die Berufsorientierung vorangebracht werde – und genau das gelingt an der Erich Kästner Gesamtschule in Bochum.

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